19.7.2024 86 Tage – 14.529 Kilometer – 10 Bundesstaaten

Der letzte Drops ist gelutscht, Arnie steht wieder im Stall.

Nach 86 Tagen und 9.080,9 Meilen sind wir wieder in L.A: an der Cruise America – Station.

Wir haben wieder eine Reise mit hundertausend Bildern und Eindrücken, die uns niemenad mehr nehmen kann. Wir haben nie geweint, wenig gestritten und viel gelacht. Wir haben diesmal wenige bis keine Overlander getroffen, dafür jede Menge freundliche und neugierige Amerikaner. Von spießig über Farmer und Ex-Marine bis Vollfreak. Auch wenn viel Mist geredet wurde, es hat Spaß gemacht sich auszutauschen über das scheinbar Wichtige und das Unwichtige.

Wie immer hatten wir uns selbst im Gepäck und die Zweifel und Krisen blieben auch nicht aus. Trotz allem habe wir nie komplett den Faden verloren und haben uns durchgerauft.

Jetzt stehen wir in Longbeach an der Marina und das ist jetzt echt ein anderer Film. Hier gehören wir nicht her und sind froh morgen wegzukommen.

Und wie bei unserem schweren Abschied von Norwegen 2016 treffen wir auch hier wieder auf unsere alte Leidenschaft: Es ist Triathlon- Wochenende in in Longbeach. – olympische Distanz.

Allein der Ausstieg aus dem Wasser verursacht bei mir Schnappatmung. Das ist eine gefühlte Meile bis zur Wechselzone :-)!

Ich schaue lieber zurück auf diese lange Reise. Kalifornien, Arizona, Utah, Colorado, Wyoming, Nevada, Oregon, Washington, Montana , Idaho. 10 Bundesstaaten. Mit unglaublich viel, in weiten wilder und fast unberührter Natur. Und daneben die fantastischen großen Nationalparks, die aber irgendwie immer an Disneyland erinnern.

Wir haben in 86 Tagen 1 mal gefrühstückt (entsetzliche Buritos :-). Wir waren haben 2 x (!) Hamburger gegessen, davon 1x bei Jack in the box. Wir hatten 1 entsetzlichen Hotdog, 2 x fish n´chips in Oregon und 6x beim immer guten Thai. 2 wirklich gute Essen gab´s in Seattle mit Donna. 1 krasse Pizza im Yellowstone und 1 passables Essen im Kasino Club in Stanley. Insgesamt überschaubar, würde ich meinen. Wir haben keinen einzigen von diesen ekeligen Weissbrotlappen gegessen, dafür fast 4 kg kernige Haferflocken 🙂 . Erdnüsse, Mandeln , Datteln und Trailmixe gehen gefühlt in die Tonnen.

Wir mussten Unmengen an beschissenen Gallonen Wasser in Plastikflaschen kaufen, weil das Wasser aus der Leitung oft bis meistens nicht trinkbar war. Und wir haben beschissen viel Benzin verfahren, weil amerikanische Motoren irgendwie Sprit mit viel Lärm und wenig Leistung einfach verdampfen.

Und wir haben viel, viel gelernt über dieses kleine Stück Amerika, das wir kennenlernen durften. Über die Menschen, ihre Sorgen und Probleme, die vielen interkontinentalen Missverständnisse und die ungeliebten Politiker. Für alles das, sage ich Danke und bin froh und ebenso demütig, dass wir diese Welt noch so erlebt haben. Servus Nordamerika. Mal schauen, ob wir nochmal wieder kommen.

14.-18.7. 2024 Vorletzter Akt – Yosemite bis Balu ist da …

Es ist 3:45 und dieser Scheiss-Wecker klingelt wie blöd! Äh, ja, da war was. Aufstehen, Kaffee trinken in den Yosemite ? So ist es. Um 4 Uhr 10 rollen wir vom Hof und pfeifen in tiefster Dunkelheit die Passstraße zum Tigoa und damit dem Eingang zum Yosemite Park hoch. Ich traue dem Frieden nicht, wir müssen auf jeden Fall mangels Permit vor 5 Uhr am Eingang vorbei sein und ich will nicht von einer Warteschlange überrascht werden. Arie und ich zeigen diesen amerikanischen Leisetretern, die uns durch konsequentes Dahinscheichen daran hindern wollen mal wie man so in den bayerischen Bergen autofährt. Nach alter Motorradfahrermanier in der Innenkurve vorbei …

Wir haben es geschafft und sind vor Sonnenaufgang am Olmsted Point, wo wir dann auf den neuen Tag warten. Eine Stimmung ohne Worte. Auf der anderen Seite sieht man schon den Halfdome.

Samt grauen Wolken und heftigem Wetterleuchten. Es hat ja schon gestern Nacht gewittert und geregnet, wird wohl weitergehen.

Es regnet, was runtergeht, als wir im völlig zugeparkten Yosemite Village ankommen. Wir irren im Halbdunkel etwas hin und her und finden dann ein Plätzchen, wo wir uns angesichts des Regens erstmal wieder schlafen legen. Als wir wieder aufwachen ist der Himmel blau und der Parkplatz fast voll. Ok, wurscht, mehr als einen kleinen Walk zum Wasserfall wollen wir eh nicht machen. Für alles andere braucht man inzwischen auch spezielle Permits.

Ja, servas. Das hat mir ja gefehlt. Man spricht deutsch im Yosemite. In allen meinen Lieblingsdialekten … Samt der bräsig. selbstgefällig dreinschauenden Gesichter inklusiv Nachwuchs. Ja, super! Flucht! Sofort!

Am El Capitan bleiben wir noch mal stehen und scheuen uns den berühmten ‚Kletterfelsen‘ an. Mitten in der senkrechten Wand hängen 2 Zelte und einige Seile, aber von Kletterern ist nichts zu sehen. Hätte mich bei den Gewittern auch gewundert.

Wir verlassen den Park und reißen ein letztes Mal aus in die Wilderness – in den Sequioa-Park und den Kings Canyon. Der kurze Blick zurück ist eindrucksvoll. Trotz der ‚bunch of flies‘ am Parkplatz. Der/die/das treue Blog-Leser weiß, was gemeint ist.

Es ist schon wieder sauheiß draußen und wir sind froh, daß unser Stellplatz wieder über 2.500 Meter liegt. Wir entschließen uns spontan, so lange wie möglich noch hier zu bleiben. Für die online Buchung der Plätze müssen wir das grottenlangsame Wifi am Besucherzentrum inklusiv uns quälen. Belohnt werden wir nach 1h zäher Warterei mit 2 tollen Stellplätzen.

Einer davon liegt im 30 Meilen entfernten Kings Canyon, der wirklich nochmal ein highlight ist. Wir sind zwar wandermüde, aber so ein bissl hatschen muss dann doch noch sein. Bei der Anfahrt gehen wir dann noch zu irgendwelchen Meadows ..

und stolpern dann einem Ehepaar aus New York folgend beinahe über Meister Petz der hinterm der Kurve liegt. Oh, a bear!, Oh no bear spray! Kenn ich ja schon die Nummer. Der alte New Yorker ist cool, hat den Bären erstmal abgelichtet und ist dann zurück. Ich seh erstmal nur noch den Bärenrücken und höre hinter mir Gabi, die mich zwingend und dringlich zur Umkehr auffordert. Mit dem Hinweis ‚ich will ihn gar nicht sehen‘ ist sie schon halb auf der Flucht.

Meister Petz, oder ist´s am End Balu, hört sie und schaut sich prompt das aufgeregte Touristenfutter nochmal an. Aber so viel Adrenalin im Blut verdirbt ja bekanntlich den Geschmack.

Das Gleiche passiert uns übriges am nächsten Tag gelich nochmal, diesmal ist der Balu aber eher ein Balüchen. Und der hoppelt nach dem ersten Schreck erstmal 10 Meter davon in die Wiese und beginnt dann da zu grasen. Gabi hüpft rum wie Rumpelstilzchen, klatscht, trillert, pfeift, singt (!) ‚bear get out of here‘ ( die verstehen ja nur englisch :-)) .. des ist dem Youngster so was von wurscht. Der kaut einen Grashalm nach dem anderen und schaut uns nicht mal mehr an.

Da ist dieser ‚Todeszapfen‘ wahrscheinlich gefährlicher. Vorausgesetzt man steht in der Falllinie, wenn die 40 cm vom Baum fallen. Aber auch das haben wir überstanden.

Irgendwie passen die ja auch zu den Riesenbäumchen im Sequoia Nationalpark.

Am Ende müssen wir dann doch aufbrechen Richtung L.A. Das ist nochmal ein ganz schöner Ritt, ewig kurvig und heiß. Und dann landen wir wieder da, wo vor fast 3 Monaten alles los ging, am Bonelli Bluff RV-Park. Statt ein, räumen wir diesmal alles aus und putzen Arnie.

Inklusiv Handschaumwäsche. So sauber haben die garantiert noch keinen Camper zurückbekommen. Aber war ja auch 3 Monate lang unser wunderbares Zuhause ..

Den Rest der Geschichte gibts morgen aus dem Hotel …

12-13.7.2024 Durch die Prügelhitze zum Mono Lake

Ich mach’s kurz. Wir haben gestern einen gut 600 Meilen Ritt durch die sengende Hitze quer durch Nevada hingelegt. Die ganze Karre war trotz Klimanlage heiß wie Hulle und beim Tanken hat uns ein gut 40 Grad heißer Sturm gefönt. Super. So mag ich´s ja.

Abends sind wir dann in Fallon, Nevada auf einem Stellplatz neben einer Rodeo-Arena gelandet. Immerhin mit Strom, da dass wir auch die Stand-Klima benutzen konnten um Arnie wenigstens unter 30 Grad abzukühlen. In der Arena liefen nebenbei die Vorbereitungen zum Western-Reitturnier, das dann heute morgen um 8:30 gestartet wurde. Wie alle wissen, bin ich ja DER `Pferdefreund‘ schlechthin, aber was die Mädels mit ihren wunderschönen Pferden da zum Teil abgeliefert haben, Hut ab.

Von dort sind wir dann aber der Hitze etwas davongefahren und stehen jetzt praktisch vor den Toren des Yosemite Parks am Mono Lake auf einem Campingplatz. Da wir keinen Permit für die Einfahrt bekommen haben, müssen wir ausserhalb der offiziellen Öffnungszeiten reinfahren. D.h. jetzt um 16 Uhr und dann morgen früh vor 5 Uhr. Heißt wir schauen jetzt noch ein paar Meilen rein fahren zurück und stehen morgen um spätestens 4 Uhr auf.

Mal schaun, vielleicht gibt es später noch erste Bilder aus dem Yosemite …

Tja, war leider nix. Sind mitten ins Gewitter mit Regen reingefahren. War auch eindrucksvoll, aber schlech zu fotografieren 🙂

7.7. – 11.7.2024 Wallow Lake – C49 hinten rechts

Nachdem es jetzt schon weder Beschwerden gibt, ob der Blog überhaupt noch lebt, gleich ein kurzes Update. Vorweg aber 2 klitzekleine Anmerkungen: Ich bin hier nicht auf Arbeit und die Netzabdeckung ist in USA auf dem Land durchaus mit der Telekom vergleichbar.

Aber jetzt weiter im Text. Ich hatte ja schon geschrieben, daß wir auf unserer ersten Wanderung hier vom Berg – weil da der beste Empfang war – einen phantastischen Stellplatz geschossen haben. C49 im Wallowa State Park. Den ganzen Tag Schatten und in der ruhigsten Ecke des Campgrounds. Und kühle Nächte. Da kann man dann mal abhängen. Oder Blog schreiben

Wir sind hier in uraltem Indianerland und das ist an vielen Stellen sichtbar und beim genauen Hinfühlen auch spürbar. Aber trotz aller Denkmäler, Museen und Gedenktafeln…. „‚ „das, was wir mit den Indianern gemacht haben ist der amerikanische Holocaust!“ Das ist der gnadenlose Kommentar von Marc, einem freakigen Camphost, der hier als 67 jähriger Volunteer arbeitet.

Unsere zweite Wanderung führt uns mitten rein in diese unglaubliche Landschaft. Wieder sind wir fast alleine unterwegs und wandern durch eine unberührte, wilde Natur. Ich weiß nur wenige Flecken in Europa, wo man das noch so findet. Norwegen, Albanien und Nordmazedonien vielleicht. Pack deinen Rucksack, Zelt, Schlafsack, Angelrute und Bärenspray und geh los. Wenn du willst, hunderte von Meilen. American Wilderness!

Und wenn wir einfach nur diese simplen indianischen Regeln beachtet hätten und uns nicht ebenso grenzenlos wie hirnlos bereichert und bedient hätten, dann hätten wir viele Probleme weniger ..

Unsere Wanderung endet nach 3h gemütlichem Aufstieg am Aneroid Lake, siehe oben. Da stehst du dann, hast wieder diesen Kloß im Hals und spürts das Wasser in den Augen. Wir haben eine so unglaublich schöne Welt und es ist unsere gottverdammte Pflicht davon noch etwas für unser Kinder, Enkel und Ur-Enkel übrig zu lassen.

Ja, ich höre euch schon „… das sagen ja die Richtigen. Fliegen fett über den Teich und gurken dann mit dem spritfressenden Wohnmobil durch Amerika … “ Exakt, ihr Gscheidhaferl. Denn ob wir das tun oder nicht, das wird nichts ändern. Es ändert sich nur etwas, wenn wir alle so politisch und damit so mächtig werden, daß wir Entscheidungen erzwingen. Dass Flugzeuge CO2 neutral fliegen und amerikanische Autos per Gesetz nur noch 5l Sprit saufen dürfen. Das wird extrem anstrengend und teuer, aber ist der Weg. Eine weltweite politische Entscheidung für die Welt. Traumtänzer, ja, ich weiss.

Am See treffen wir Pete, der dort ein großes Areal verwaltet, das seit über hundert Jahren in Privatbesitz ist. Er pflegt die Landschaft und die uralten Blockhütten, die noch aus Minen- und Goldrausch-Zeiten stammen. Pete ist 54 und sprüht vor Begeisterung und Überzeugung für seinen Job. Er ist 6 Tage die Woche hier, solange es das Wetter erlaubt.

Er zeigt uns die Elefantenblumen ( wg. der vielen Rüssel ) und erklärt uns, daß sie die Hütten für viel, viel Geld an Touris vermieten könnten. Tun sie aber nicht mehr. Statt dessen dürfen traumatisierte Kinder und Jugendliche hier kostenlos ein paar Tage verbringen und sind hinterher wie ausgewechselt. Keine Tabletten, kein Blabla. Einfach nur draußen sein und Wunden heilen lassen.

Wir wandern tief beeindruckt zurück und ich bewundere Pete für seine Arbeit.

Aber jetzt nochmal kurz zu DEM Thema überhaupt. Trump – Biden. Die LED-Fahne unten hängen sich die Leute an ihren Wohnwagen. Trumpisten! Keine Ahnung, denn das hat damit nichts zu tun. Wahrscheinlich ein Trump-Wähler ja,. Aber deshalb noch lange kein wütender Trump-Mob.

Alle Leute mit denen wir hier sprechen, kotzen im Strahl, sind über die beiden Kandidaten todunglücklich und wünschen sich den 50 jährigen, charismatischen Politiker, der eine Politik für die Zukunft aller macht. ´Äh, ja. Könnten wir auch brauchen.

Und natürlich wählt keiner Trump. Auch klar. Bei uns wählt ja auch keiner AFD. Obwohl? Inzwischen marschiert die braune Soße ja wieder selbstbewußt durch Land und Parlamente. Zwar rechtskräftig rechtsextrem, aber das schert ja nicht.

Ich weiß wirklich nicht, was schief gegangen ist, wo wir die Menschen verloren haben, die hier wie in Europa lauthals nationale Parolen grölen und den ewig gleichen Rattenfänern hinterherlaufen. Ich glaube es ist Angst. Angst vor der komplizierten Welt, den viel zu schnellen Veränderungen und den fremden Menschen, die vor dem Hunger oder der Armut zu uns flüchten. Aber ich weiß nichts dagegen zu tun als zu diskutieren und wieder zu diskutieren. Zu wenig? Wahrscheinlich.

Wort zum Freitag beendet.

4.4. -6.4.2024 Independence Day in Halfway, Wallowa Lake & Plan C

Halfway City. Gefühlte 300 Einwohner und wir mittendrin. Am einzigen Campground im Ort. Da sticht mich erstmal eine Wespe, weil die Scheißviecher ihr Nest im Anschlußkasten gebaut haben .

Um 5 p.m startet dann die geradezu skurile 4th July Parade. Mangels human ressources, sprich Mädels und Buben fahren eigentlich nur Autos an uns vorbei. Und ein paar Mädels auf dem Pferd.

Das war eine ganz eigene Show, die wir da mit einem fahrradfahrende Ehepaar aus Seattle beschmunzeln dürfen. Aber es ist eben Dorf, viel Landwirtschaft, Viehzucht. Und ja Trump-Land. D.h. aber noch lange nicht Trumpisten.

Der Zug endet am ‚Messegelände‘ mit Rodeo-Arena. Alles ist tiefenentspannt, superfreundlich und irgendwie wie in den ‚guten alten Zeiten‘. Denn die sind den Leuten hier abhanden gekommen. Alles ist kompliziert geworden, anstrengend, kam mehr zu durchblicken. Und deshalb wählen sei Trump. Weil der schön schwarz-weiss malt und klare Feindbilder aufbaut. Damit alles wieder so wird, wie es mal war. Kennen wir irgendwo her, oder ? Heisst Höcke und AFD.

Egal. Wir verbringen einen Abend mit vielen Einsichten in das amerikanische Landleben, einer professionellen Kuchenversteigerung, bei der Mama´s German apple pie gerne mal 1.000 $ bringt und einem Feuerwerk, das eine halbe Stunde dauert. Hauptsächlich wegen der 30 sekündigen Pause, zwischen den Raketen.

Am nächsten Tag fahren wir über die Backcountry-Route Richtung Joseph am Wallowa Lake. Und halten an einem unfassbar schönen Ausblick über den Hells Canyon. Die Blumenwiesen erinnern mich an meine Kindheit in Scheffau …

Wir sind inzwischen abseits aller üblichen ( internationalen ) Touristenrouten und auch die Amerikaner verschlägt es nicht hier her. Daebi sit es sensastionell. Wilderness at its best. Zig kostenlose Campgrounds am Fluss. Fischen, tagelang wandern, reiten, jagen. Was immer das Herz begehrt.

Joseph ist dann das krasse Gegenteil. Hier tobt der Ami an seinem Königsee. Mit allem was laut ist und viel PS hat. Zu Lande und zu Wasser. Little Alps nennen sie das voller Überzeugung und es gibt allen Ernstes ein Matterhorn hier. Wir sitzen auf einem vergleichsweise engen und teuren Campingplatz und die ganzen Protzkarren kotzen mich gerade an. Ein 150.000 $ Pickup neben dem andern, durchsetzt mit millionenschweren RV – Bussen. It sucks!

Wir flüchten über eine coole Einbaum-Brücke auf ein Wanderung. Sollte nicht so wild werden. Am Ende waren es gut 8 Stunden. Aber egal. Wir sind komplett alleine und treffen in den 8 Stunden 2 Paare, einen Alt-Hippie und eine Frau mit 2 nervig bellenden Hunden. Das wars.

Und ich hab hosentaschenmässig schon wieder diese nervige Leica-Signatur angeschalten. Depp. Die KI wird s richten. Schnell noch ein paar Blümchen am Wegesrand.

Ok. Und jetzt zu Plan C. Unsere Windsurfpläne in Hood River samt der weiteren Route verdampfen in der Hochsaison und der Hitzeglocke. Wir haben einfach keinen Bock auf 40 Grad plus am Tag und 25 Grad plus in der Nacht. Deshalb beschließen wir hier zu bleiben. Hier ist es kühl und wird auch in den nächsten Hitzetagen nur moderat heiß. Und wir haben wieder Glück. Sozusagen vom Gipfel kann ich heute 4 Nächte im Statepark unten am See buchen. Die Amerikaner schütteln nur den Kopf, normal ist der ausgebucht für die nächsten 3 Jahre. Einer hat mich schon angefasst, um auch was vom Glück abzukriegen.

Jetzt machen wir hier einfach mal 5Tage Urlaub.

3.4 – 4.42024 Independence Day coming soon …

Wir haben nicht viel gemacht in den letzten Stunden außer geschlafen, gedehnt, gelesen. Der Hells Canyon ist zwar wunderschön, aber einigermaßen unwirtlich und zum Wandern unattraktiv karg und heiß.

Heute ist Independence Day und eigentlich wir uns hier ‚verstecken‘ bis der Wahnsinn vorbei ist. Aber das ist Quatsch. wenn wir schon hier sind, dann rein ins Getümmel und die Paraden. Deshalb hauen wir um 13 Uhr hier ab und fahren nach Halfway, ein Provinzkaff eine Stunde von hier. Da haben wir einen Stellplatz in der ‚City‘ und werden uns das Spektakel aus nächster Nähe ansehen.

Der 4th July ist aber vielleicht noch mal ein Anlass für einen kleinen Exkurs zu DEM Amerika und DEN Amerikanern, so wie wir sie erleben. einfach mal ein paar Statements:

Ich wurde auf den rund 11.500 km KEIN einziges Mal angehupt und habe auch praktisch nie eine Hupe gehört. Die Amerikaner fahren extrem zivilisiert und defensiv trotz der Riesenkarren mit x-hundert PS. Alle, aber wirklich alle Menschen mit denen wir gesprochen haben, waren durch die Bank freundlich und haben immer positive Vibes vermittelt. Generell sind die Amerikaner scheinbar viel geselliger als wir, der freundliche und teilweise echt interessante small talk an jeder Ecke ist völlig normal.

Auch so ein Phänomen. Wir hatten in der ganzen Zeit keinen einzigen Platz, an dem irgendwelche Checker sinnlos laut gegrölt haben oder Musik gehört haben. Das geht alles vergleichsweise geordnet zu und offenbar immer mit Respekt vor dem anderen. Mir fehlen auch unsere verzogenen, schrill kreischenden Schratzen nicht, deren Eltern vor lauter Kindeswohl-Gemümmel komplett den Faden verloren haben. Ja, schlagt mich. Aber die kids hier sind sowas von normal, so vergleichsweise geerdet und einfach spielende, fröhliche Kinder, daß es mich wirklich freut.

Irgendwie hat hier das WIR und der Respekt voreinander scheinbar noch einen Wert. Auf jeden Fall mehr als bei uns. Und ich beginne ein bisschen zu begreifen, was hinter America first steckt. So unterschiedlich die Lager auch sind, am Ende sind sie alle zumindest ein bisschen stolz auf ihr Land und was sie mit viel Pioniergeist und Mut in den paar lächerlichen Jahrhunderten erreicht haben. Das schwingt einfach immer wieder mit mit. Einfach machen ist die Devise. Stopp! Ich will hier nicht unterschlagen, welchen grausamen Preis People of color und vor allem indigene Menschen dafür bezahlen mussten. Auch nicht den lebendigen Rassismus und alle sozialen Ungerechtigkeiten. Aber darum geht es gerade nicht.

Amerika hängt uns inzwischen komplett ab. Waren wir vor ein paar Jahren im Produktivitätsindex noch gleich auf, haben die Amis jetzt die Nase deutlich vorne! Liegt vielleicht daran, dass her nicht nur noch von work-life-balance gefaselt wird, sondern einfach noch gearbeitet wird? Rund 25 % mehr an Arbeitsleistung als Deutschland. Das aktuelle BIP / kopf liegt in USA bei ca. 81.000 Dollar, Das in Deutschland bei 43.000 Euro. zum nachlesen u.a. hier https://www.merkur.de/wirtschaft/uebertrifft-deutschlands-wirtschaft-faellt-zurueck-wo-uns-die-usa-zr-93164577.html

Ich habe wirklich gar nix gegen alle unsere Errungenschaften in Sachen Sozialstaat, Gesundheit, Arbeitslosigkeit oder Schulsystem. Ganz im Gegenteil, ich bin immer noch Arbeiterkind, das voll und ganz hinter unserem System steht. Aber irgendwo muss die Kohle, die Substanz dafür herkommen. Und das schaffen wir nicht mehr. Wir leben aus den Ressourcen, sozusagen vom Sparbuch. Und wenn das leer ist, wird es übel, sehr übel und ich mache mir einen Kopf über die Zukunft meiner Enkelkinder. Ich kann nur hoffen, das künstliche Intelligenz und da ein Stück weit raushilft und ein Grundeinkommen für alle schafft.

Sorry, wenn ich euch gelangweilt habe, aber das musste jetzt mal sein. Happy Independence Day!

1.7-2.7.2024 mit frischem Motoröl zur Höllen-Schlucht

Einigermassen widerwillig verlassen wir unseren Wilderness-Parkplatz in Stanley und machen uns auf den Weg nach Boise. Wir sind wieder 6.000 Meilen gefahren – Ölwechsel! Insgesamt sind wir bis jetzt ungefähr 7.300 Meilen = 11.750 Kilometer on the road. 200h lang.

Boise ist Boomtown, ist gerade eine der schnellst wachsenden Städte in den USA. LKWs mit Abraum zwicken uns fast ein. An jeder Ecke sprießen neue Häuser, neue Neighborhoods aus dem Boden. Und was da sprießt ist ganz schön spießig. Wie auch immer, nach dem Ölwechsel essen wir hervorragend und günstig beim Thai und machen uns auf den Weg.

Irgendwie stehen wir leicht Kopf. Gefühlt ist unsere Reise zu Ende, wir könnten ohne weiteres heimfliegen. Ist aber nicht. Also verlassen wir die eingetretenen touristischen Pfade und machen uns auf ins Hinterland.

Die Landschaft hat sich schlagartig geändert. Vom satten, vollen Grün haben wir jetzt in gelbbraunes, trockenes Grasland gewechselt. Und es wird langsam heiß.

Ich bin müde und wir suchen uns einen Stellplatz abseits vom Highway. 10 Dollar kostet die Nacht, alles ist wie immer tiptop sauber. Nur die Mücken sind dank des nahen Sees ekelhaft.

Wir schlafen aus und machen uns auf zum Hells Canyon. Wir haben keinen Dunst, was uns da erwartet. Schaumamal.

Zwischendrin halten wir nochmal zum Sprit nachtanken und dann Coffein auffüllen an einem dieser genialen Espresso Drive Thrus.

Das Kaff ist so ein typisches Dorf, das sich City schimpft und wie wir sie inzwischen zu hunderten gesehen haben. Leicht runtergekommen, die besten Tage längst vergangen. Und eine Hauptstraße über die fette Lastzüge rollen.

Am Hells Canyon sind wir dann doch platt, wo wir wieder gelandet sind. Erst sind es nur gelbe, vertrocknete Grashügel und ein Stausee an dem wir entlangfahren. Aber dann wird es immer schöner.

Der Stausee hat 3 Dämme und erstreckt sich über fast 40 Meilen. Die fahren wir komplett ab, bis die Straße dann an einem Visitor-Center endet.

Ab hier darf der Snake River wieder seinem natürlichen Verlauf folgen.

Wir machen uns auf dem Heimweg und machen an einem der vielen offenen oder von Idaho Power bereitgestellten Rast- und Campingplätze gepflegt Pause.

Jetzt ist es 22 Uhr und wir stehen wieder an einem echt geilen Platz auf einem Campground von Idaho Power. Ich unterstelle mal, daß die Company damit so etwas wie Ausgleichsleistungen erbringt und außerdem gute PR macht. Tja, was man mit Kohle so alles machen kann, wenn man muss …

29.-30.6.2024 …immer noch Stanley, Idaho

Die geneigte Leserschaft mag es kaum glauben: Wir haben die letzten beiden Tage nichts getan. Ich wiederhole, NICHTS. Sind an unserer wilden Dreizehn abgehangen, haben gelesen, gedehnt, Pläne für den Ducato-Ausbau gemacht.

Das ist eine erste Studie. Noch etwas schräg, zugegeben….

Tatsächlich soll es in etwa so was werden. Wird viel Arbeit, aber könnte gut werden. Außerdem haben wir eine alte Rangerstation, jetzt ein Museum, besucht und in heißen Quellen am Fluss gedümpelt. Auch Idaho sitzt wortwörtlich auf dem Vulkan.

ABER DANN. Ich sage nur Cosmic Charlie!

Nicht in der Bar Old Shatterhand, sondern im Kasino Club in Stanley! Die Band aus Georgia covered seit 25 Jahren erfolgreich Grateful Dead – Songs. Also 25 Dollar Eintritt pro Kopf und los gehts.

Ich finde jetzt die Mukke weniger geil, aber die Leute Leute. Ich bin nur am schauen. Da laufen Weiblein und Männlein jeden Alters rum, von halbnackt mit Hotpants bis formvollendeten Country-Style. Neben dem klassischen Cowboy-Stiefel im Schlangenleder-Look ist zum wiederholten Male Birkenstock Trumpf. Und Bartik-Klamotten. Gabi kann es nicht fassen.

Und lange, weisse Bärte von denen träumt ZZ-Top. War ein lustiger Abend.

Und das ist das Kasino von aussen. Gabi hat gleich Club-Geühle entwicklet. Wird von einer Düsseldorferin geschmissen, die seit 35 Jahren im Snakeriver-Tal lebt. Toughe lady. A la Lutterbeker.

Während ich das schreibe, beobachtet uns ein Seeadler von seinem Ansitz. Gestern waren es Fischadler, heute der Chefe selbst. Ich werde auch diese Wilde 13 vermissen.

@Tom: Freut mich sehr, dass es dir besser geht und die OP so erfolgreich war!